Krise als Chance
Nachfolgeprozesse in Familienunternehmen sind so individuell wie Menschen und Familien es sind. Manchmal braucht es eine Krise, damit Veränderung für alle am Prozess Beteiligten möglich wird.
Danke für das Foto an Kevin Angelso auf Unsplash
Heute ist meine Geschichte inspiriert von meiner Heimatbranche. Sie zeigt, wie wichtig es ist, als Unternehmerfamilie Zeit zum gemeinsamen Reden und Nachdenken zu haben …
Die Situation: Ein traditionsreiches Familienhotel. Das Portfolio ist umfangreich: Hotelzimmer, klassisches A la Carte-Geschäft, beliebtes Ausflugsziel, Hochzeitslocation, Schwimmbad und Sauna, Ort für Familienfeiern, gemütlicher Thekentreff und Lieferant für Catering außer Haus.
Die Eltern arbeiten in der klassischen Rollenverteilung: Der Vater kocht, die Mutter koordiniert den Service und die Aushilfskräfte. Zwei Söhne und eine Tochter entscheiden sich für Ausbildung und Studium in anderen Branchen. Die Söhne konzentrieren sich in der Freizeit auf sportliche Aktivitäten, die Tochter hat Freude am Umgang mit Menschen und hilft gerne im Service des elterlichen Betriebes aus. Julia kommt bei den Gästen gut an und wird trotz des externen Hauptberufes bald schon als Nachfolgerin angesehen.
Sie sieht, dass beide Eltern sich über alle Maßen in den Betrieb einbringen. Sie sorgt sich um beide. Julia versucht, ihre Eltern dazu zu bewegen, über Veränderungen in Strategie, Organisation und Arbeitsteilung nachzudenken – vergeblich. Vater und Mutter sehen keine Alternative zur momentanen Vorgehensweise. Alle arbeiten „bis zum Anschlag“.
Bis es kommt, wie es kommen muss. An einem Abend, es ist spät nach einer großen Feier, entbrennt ein heftiger Streit zwischen Julia und dem Vater. Auslöser ist eine Nichtigkeit. Eigentlich. Doch jetzt gibt es kein Halten mehr. Alles kommt auf den Tisch. Nichts geht mehr. Völlige Verzweiflung auf allen Seiten. Sendepause.
Die junge Frau kennt mich als Kommunikationstrainerin in ihrem Ausbildungsbetrieb und kommt am nächsten Abend auf mich zu, mit der Bitte, ob ich ihnen nicht helfen können, wieder miteinander zu reden.
Julia will den Betrieb gerne übernehmen und die Nachfolge antreten. Aber nicht so. Diese Klarheit erarbeitet sie sich im Einzelcoaching. Sie entwickelt eine Vision für sich und übt, dem Vater gegenüberzutreten. Erwachsen, stark und souverän.
Die Eltern kennen mich flüchtig aus meiner Arbeit für den Hotel- und Gaststättenverband. Sie stimmen gemeinsamen Gesprächen zu und bekräftigen, dass sie an einer Lösung nicht nur interessiert sind, sondern auch, dass sie bereit sind, etwas dazu beizutragen.
Sie spüren, dass sie ihre Tochter als Nachfolgerin verlieren könnten …
Das erste Treffen ist sehr bewegend: Jede:r der drei Beteiligten öffnet sich und erzählt, wie es ihm und ihr wirklich geht. Es tut gut, gemeinsam den Tränen freien Lauf zu lassen.
Danach ist eine neue Energie im Raum. Auf einmal sitzen drei Menschen zusammen – auf Augenhöhe. Die Tochter stellt ihre Vision vor und skizziert die Rahmenbedingungen, unter denen sie sich eine Übernahme des Betriebes vorstellen kann. Die Eltern hören zu, sie wollen verstehen, und sie fragen nach. Die Tochter versprüht Begeisterung und steckt die Eltern an.
Die gemeinsame Sitzung endet damit, dass der Vater sagt: „Julia, ich möchte, dass du glücklich bist.“
Mit diesem Wunsch beginnt in einem nächsten Treffen das gemeinsame Brainstorming. Unter dem Motto „Wie wird es für uns besser?“ sammelt die Familie Veränderungsideen. Neues wird zugelassen, nichts wird ausgelassen, alles ist erlaubt.
Es fällt den Eltern schwer, die Ideen nicht zu bewerten. „Das geht nicht.“, „Das ist zu teuer.“,
„Das wollen die Gäste nicht.“, sind Killerphrasen, die wir im Vorfeld identifiziert und auf große Karten geschrieben haben. So können wir in der Ideensammlung einfach auf die Karten zeigen, wenn im Eifer der Inspiration eine bewertende Entgegnung im Raum steht. Es entsteht eine große Mindmap mit Ideen.
Im nächsten Treffen werden die Ideen bewertet und erste Veränderungen für die alltägliche Arbeit auf den Weg gebracht. Die Familie entschließt sich zu einer Renovierung, um mehr Gäste bewirten zu können und stellt eine feste Servicekraft ein. So wird die Familie physisch und psychisch entlastet.
Gemeinsam mit der Steuerberatung, dem Hotel- und Gaststättenverband und der Hausbank entsteht Schritt für Schritt ein Fahrplan für die Übergabe des Betriebes an Julia.
Mein Fazit als Coach:
Das Aufbrechen des emotionalen Panzers, den alle Beteiligten um sich gebaut hatten, um den Alltag bewältigen zu können, war der entscheidende „Befreiungsschlag“ für die gemeinsame Arbeit von Herz zu Herz.
Die Stärke der Tochter, auf Augenhöhe mit ihren Eltern zu sprechen, und eigene Visionen zu vertreten, hat den Eltern gezeigt, dass sie eine erwachsene Nachfolgerin vor sich haben, an die sie vertrauensvoll abgeben können.
Eine feste Struktur, in der die Unternehmerfamilie miteinander über das Unternehmen, die langfristigen Ziele und die Notwendigkeiten im Alltag regelmäßig spricht, hilft, nicht im Tagesgeschäft unterzugehen.
Regelmäßige Auszeiten und Pausen im Alltag unterstützen jedes Familienmitglied dabei, die eigenen Bedürfnisse zu spüren und zu leben.
Sie wollen auch Veränderung in Ihrem Familienunternehmen? Mit den Kindern reden? Mit den Eltern reden? Laut über Nachfolge nachdenken? Sprechen Sie mich an. Ich mache den ersten Schritt leichter. Telefon 0179-7015350
Monika Bone
Einfache
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